Vernarbender Haarausfall, auch vernarbende Alopezie genannt, ist eine Form des Haarverlusts, bei dem die Haarfollikel durch Narbengewebe ersetzt werden. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung sind besonders wichtig, da die Schäden an den Haarwurzeln irreparabel sind – sprich: Eine vollständige Heilung der vernarbenden Alopezie ist unmöglich.
Vernarbender Haarausfall (Alopecia cicatricalis) entsteht infolge von Haut- und Kopfhauterkrankungen, Verletzungen oder beeinträchtigten Organfunktionen.
Wie der Name bereits vermuten lässt, bilden sich neben den kahlen Stellen auch Narben am Kopf der Betroffenen.
Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung sind wichtig, um den vernarbenden Haarausfall zu stoppen.
Die vernarbende Alopezie lässt sich in zwei Formen unterteilen: den primären und den sekundären vernarbenden Haarausfall. Beide Formen haben gemeinsam, dass sich neben den kahlen Stellen auch Narben am Kopf der Betroffenen bilden. Diese können mit bloßem Auge sichtbar sein, müssen es aber nicht. Der Verlauf unterscheidet sich dabei von Fall zu Fall – der vernarbende Haarausfall kann plötzlich einsetzen oder langsam und fast unbemerkt fortschreiten.
Die primäre Form der vernarbenden Alopezie führt aufgrund einer Entzündung zur irreversiblen Zerstörung des Haarfollikels und zur Bildung von Narbengewebe. Das Haar kann nicht wieder nachwachsen, da die für das Wachstum zuständigen Stammzellen zerstört sind.
Auch die sekundäre, vernarbende Alopezie ist nicht umkehrbar. Die Zerstörung der Haarfollikel wird nicht durch das Haarwachstum selbst verursacht, sondern durch äußere Faktoren, wie Verbrennungen oder Verletzungen der Kopfhaut.
Die kahlen Stellen erscheinen oft weicher und glänzender. Vernarbende Alopezie kann jedoch bei jedem / jeder Betroffenen anders aussehen. Je nach Ursache können Symptome wie Juckreiz, Rötungen, Schuppen oder Blasen bis hin zu brennenden Schmerzen auftreten.
Gut zu wissen: Vernarbender Haarausfall kann nicht nur die Kopfhaut, sondern auch andere Körperstellen betreffen. Etwa 7 % der Patienten / der Patientinnen, die einen Haarspezialisten aufsuchen, leiden an vernarbender Alopezie.1
Auslöser für vernarbenden Haarausfall sind fast immer Erkrankungen oder Verletzungen des / der Betroffenen. Bei der primären vernarbenden Alopezie kann z. B. das eigene Immunsystem (autoimmun) die körpereigenen Haarfollikel angreifen oder sie werden durch eine Infektion irreversibel geschädigt, was zu einer voranschreitenden Zerstörung der Haarwurzeln führt.
Autoimmunerkrankungen (z. B. Chronischer Kutaner Lupus erythematodes),
Entzündungen der Kopfhaut (z. B. Lichen planopilaris, Folliculitis decalvans, Pilzinfektionen)
Hautkrankheiten (z. B. Akne oder Schuppenflechte)
Die sekundäre vernarbende Alopezie zerstört die Haarfollikel durch äußere Einflüsse, wie
Verletzungen oder Verbrennungen der Kopfhaut
Bestrahlung im Rahmen einer Krebstherapie (nicht zu verwechseln mit der Chemotherapie, die einen temporären Haarausfall verursachen kann)
Die Haarwurzeln können durch die Verletzung unwiderruflich zerstört werden, wodurch sich Narben bilden.
Der Krankheitsverlauf variiert je nach Ursache der vernarbenden Alopezie.
Was ist der Unterschied zwischen vernarbendem und nicht vernarbendem Haarausfall?
Die häufigste Ursache für schwindendes Haar ist der erblich bedingte Haarausfall, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Durch physischen oder psychischen Stress kann auch diffuser oder kreisrunder Haarausfall auftreten. Diese Arten des Haarausfalls sind grundsätzlich reversibel (umkehrbar), wenn sie behandelt werden, da die Haarwurzeln beeinträchtigt, aber noch wachstumsfähig sind. Im Gegensatz dazu sind bei der vernarbenden Alopezie die Haarfollikel und somit die Stammzellen zerstört. Neues Haarwachstum ist daher nicht mehr möglich.
Vernarbender Haarausfall zeigt sich zu Beginn durch Narbenbildung und Haarverlust.
Haarausfall
Klare, abgrenzbare, kahle Stellen
Anfangs eher kleine Bereiche
Beliebig über den Kopf verteilt
Haarausfall
Vernarbung der Haarfollikel
Kleine Narben können gut sichtbar sein
Manchmal mit bloßem Auge nicht erkennbar
Zusätzlich sind folgende Begleiterscheinungen möglich:
Der Verlauf des vernarbenden Haarausfalls hängt immer von seinen Ursachen ab. Bei vernarbender Alopezie können je nach Ursache spezifische Symptome auftreten:
Lichen planopilaris (Sonderform der Knötchenflechte)
Hautschuppung
Brennen, Jucken und Empfindlichkeit der entzündeten Stellen
Rötliche, leicht aufgeworfene Flecken
Geschwüre, Verfärbungen und Papeln der Haut
Ggf. Veränderungen an Haut- und Schleimhäuten
Chronisch kutaner Lupus erythematodes (chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung)
Scharf begrenzte rote Verhärtungen mit Schuppen, v.a. an belichteten Körperstellen
Kreisförmig ausbreitende Berührungsempfindlichkeit
Druckempfindliche Stellen an Kopfhaut
Narbige Ausheilungen
Folliculitis declavans(Bakterielle Entzündung des Haarfollikels)
Besonders häufig an behaarten Körperstellen, wie Kopf und Gesicht
Anfangs praller Eiterknoten, dann flächenhafte Ausbreitung möglich
Ggf. Entzündungszeichen mit Fieber, Schwäche und Lymphknotenschwellung
Eindringende Pilzinfektion der Kopfhaut
Runde haarlose Herde
Starke Entzündungsreaktion mit Rötung
Schmerzhafte, nässende Knoten und Krusten
Lymphknotenschwellung am Hals
Fieber und Schwäche
Eitrige Entzündungen der Haut
Auftreten im Bart möglich
Die Hauterkrankung Lichen planopilaris ist die häufigste Ursache für primäre vernarbende Alopezie bei Frauen über 50 Jahren.
Das Ziel der Behandlung bei vernarbender Alopezie ist es, den Haarausfall zu stoppen und gegebenenfalls kahle Stellen zu kaschieren.
Die gewählte Therapie hängt von der Ursache des vernarbenden Haarausfalls ab, wie z. B. Haut-, Pilz- oder Autoimmunerkrankungen. Dein Hautarzt / Deine Hautärztin ist in diesen Fällen die erste Anlaufstelle.
Zur Behandlung der vernarbenden Alopezie werden meist entzündungshemmende Medikamente (Kortikosteroide) eingesetzt. Diese stoppen die Entzündung und somit die weitere Zerstörung der Haarfollikel.
Dein Arzt / Deine Ärztin kann sie Dir als Tabletten oder Spritze verabreichen. Bei bestimmten Symptomen, wie einer stark juckenden Kopfhaut, können auch Cortison-Salben zusätzlich infrage kommen.
Gut zu wissen: Eine vernarbende Alopezie, die durch eine bakterielle Infektion verursacht wird, muss mit Antibiotika behandelt werden.
Die Therapie der vernarbenden Alopezie dauert oft 6 bis 12 Monate bzw. solange, bis sich die Symptome verbessern und der Haarausfall weniger wird oder stoppt.
Haartransplantation bei vernarbender Alopezie
Die üblichen Behandlungswege für Haarausfall sind bei vernarbender Alopezie weitestgehend wirkungslos, da die Haarfollikel durch die Vernarbung unwiderruflich zerstört werden – eine Heilung ist nicht möglich.
Wenn noch genug unbeschädigtes Haar an anderen Stellen der Kopfhaut vorhanden und die Grunderkrankung ausreichend behandelt wurde, kann unter Umständen eine Haartransplantation in Betracht gezogen werden. Dabei entnimmt man Haare inklusive Haarbalg von einer gesunden Stelle und setzt sie an der geschädigten Stelle wieder ein.
Der vernarbende Haarausfall verläuft in der Regel langsam und schleichend. Je früher die vernarbende Alopezie festgestellt und behandelt wird, desto besser ist die Prognose. Durch eine frühzeitige Behandlung kann der Entzündungsprozess, bei dem die Haarfollikel schleichend, aber irreparabel zerstört werden, unterbrochen werden.
Biopsie der Kopfhaut
Um die genaue Ursache für vernarbenden Haarausfall zu bestimmen, kann eine Biopsie der Kopfhaut notwendig sein. Der Arzt / Die Ärztin betäubt die Stelle zunächst lokal und entnimmt dann mithilfe eines Skalpells einen kleinen, oberflächlichen Teil der betroffenen Kopfhaut. Anschließend wird die Probe unter dem Mikroskop untersucht. So kann Dein Arzt / Deine Ärztin erkennen, welche Hautkrankheiten bzw. entzündliche Prozesse den vernarbenden Haarausfall auslösen und Deine Behandlung daraufhin anpassen.
Die vernarbende Alopezie beschreibt einen dauerhaften Haarverlust mit Narbenbildung auf der Kopfhaut. Primäre Ursachen für den Haarausfall sind Autoimmun- und Entzündungskrankheiten. Aber auch Verletzungen oder Verbrennungen der Kopfhaut können zu einer sekundären, vernarbenden Alopezie führen. Eine Therapie kann die Entzündung des primären, vernarbenden Haarausfalls stoppen und somit eine weitere Zerstörung der Haarfollikel verhindern.
Beim vernarbenden Haarausfall können die Haare nicht auf den Narben am Kopf wachsen. Die Haarfollikel mit den Stammzellen, die für das Haarwachstum notwendig sind, sind kaputt und wurden durch das Narbengewebe ersetzt.
Haartransplantationen können bei vernarbender Alopezie in einigen Fällen effektiv sein – vorausgesetzt, es gibt genügend gesundes Spenderhaar und die Grundkrankheit wurde behandelt. Es ist wichtig, dass ein erfahrener Facharzt / eine erfahrene Fachärztin die Situation beurteilt, da der Erfolg stark von den persönlichen Umständen abhängt.
Ja, vernarbende Alopezie kann potenziell auch Augenbrauen und Wimpern betreffen. Diese Form des Haarausfalls unterscheidet nicht zwischen Kopfhaar und anderem Körperhaar. Jede Haarpartie kann betroffen sein.
Nein, vernarbender Haarausfall ist nicht ansteckend. Er entsteht aus einer zugrunde liegenden Erkrankung oder Störung, die die Haarfollikel schädigt und zu Narbenbildung führt. Selbst Haarausfall, der durch eine Pilzinfektion ausgelöst wird, wird selten von Mensch zu Mensch übertragen. Wenn die Infektion noch nicht vollständig behandelt wurde, sollte man jedoch darauf verzichten, Gegenstände wie Haarbürsten zu teilen.
1. Filbrandt, R., Rufaut, N., Jones, L., & Sinclair, R. (2013). Primary cicatricial alopecia: diagnosis and treatment. Journal de l’Association Medicale Canadienne [Canadian Medical Association Journal], 185(18), 1579–1585. https://doi.org/10.1503/cmaj.111570
2. Scarring (Cicatricial) Alopecia: What It Looks Like & Treatment. (o. J.). Cleveland Clinic. Abgerufen 9. Februar 2024, von https://my.clevelandclinic.org/health/diseases/24582-scarring-alopecia
3. Harries, M. J., Sinclair, R. D., Macdonald-Hull, S., Whiting, D. A., Griffiths, C. E. M., & Paus, R. (2008). Management of primary cicatricial alopecias: options for treatment. The British Journal of Dermatology, 159(1), 1–22. https://doi.org/10.1111/j.1365-2133.2008.08591.x
4. Alopezien. (o. J.). Amboss.com. Abgerufen 12. Februar 2024, von https://next.amboss.com/de/article/tk0XpT?q=alopezie#Z4f77ffb63ebbf07a3dea9ffe0546f485
5. Sperling, L. C., Homoky, C., Pratt, L., & Sau, P. (2000). Acne keloidalis is a form of primary scarring alopecia. Archives of Dermatology, 136(4), 479–484. https://doi.org/10.1001/archderm.136.4.479
6. Systemischer Lupus erythematodes. (o. J.). Amboss.com. Abgerufen 12. Februar 2024, von https://next.amboss.com/de/article/dT0op2?q=lupus&m=LLXwyA
7. Dermatophytosen. (o. J.). Amboss.com. Abgerufen 12. Februar 2024, von https://next.amboss.com/de/article/Hf0Kn2#Y15ce3136ae7dd97116d4ecf8ffe5ce24
8. Bakterielle Infektionen von Haut und Weichgewebe. (o. J.). Amboss.com. Abgerufen 13. Februar 2024, von https://next.amboss.com/de/article/qh0CUf?q=follikulitis+decalvans#Zd602c05aada0f4ab48fafd39a57b8ccd
9.Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt. (2016, Mai 27). Diagnostik und Therapie von Haar- und Kopfhauterkrankungen. Deutsches Ärzteblatt. https://www.aerzteblatt.de/archiv/179396/Diagnostik-und-Therapie-von-Haar-und-Kopfhauterkrankungen
10. Diagnose von Hauterkrankungen. (o. J.). MSD Manual Ausgabe für Patienten. Abgerufen 15. Februar 2024, von https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/hauterkrankungen/biologie-der-haut/diagnose-von-hauterkrankungen